Nascom Journal

  

August 1981 · Ausgabe 8

Spielecke

Reversi

von Christoph Rau

Reversi ist – wie Schach, Dame, Mühle etc. – ein strategisches Brettspiel oder, spieltheoretisch ausgedrückt, ein endliches Zwei-Personen-Nullsummen-Spiel. Gespielt wird auf einem Brett mit 8x8 Feldern und mit Spielsteinen, die auf einer Seite weiß und auf der anderen schwarz sind. Der eine Spieler setzt die Steine mit der weißen Seite nach oben, sein Gegner mit der schwarzen Seite nach oben. In der Anfangskonfiguration sind die 4 mittleren Felder mit je 2 schwarzen und 2 weißen Steinen senkrecht untereinander besetzt. Weiß beginnt, und es wird abwechselnd so gesetzt, daß mit einem Stein der eigenen Farbe und dem neu gesetzten Stein eine ununterbrochene Reihe gegnerischer Steine horizontal, vertikal oder diagonal eingeklammert wird. Diese Reihe, also mindestens ein gegnerischer Stein, wird dann umgedreht und damit zu eigenen Steinen. Werden durch den neuen Stein mehrere Reihen eingeklammert, so werden sie alle umgedreht. Kann ein Spieler durch das Setzen eines Steines keine gegnerische Reihe einklammern, so ist sein Gegner noch einmal an der Reihe. Das Spiel ist beendet, wenn keiner der beiden Spieler mehr setzen kann. Gewonnen hat der, von dessen Farbe die meisten Steine auf dem Brett sind.

Das Programm läuft unter NAS-SYS 1 und belegt Speicherplatz von 1000H bis 16B2H. Gestartet wird das Spiel mit „E 1000“. Das Programm fragt dann nach der gewünschten Analysetiefe, die Einfluß auf die Qualität der Antwortzüge des Computers hat und ebenso natürlich auf die Antwortzeiten. Es sind Eingaben von 1 bis 6 möglich, gut spielen läßt sich z.B. mit Tiefe 4, was bedeutet, daß der Computer 2 eigene und 2 Gegenzüge tief analysiert.

Nun zeigt das Programm das Spielfeld mit der Anfangskonfiguration und fordert den Spieler (Weiß) zum Setzen auf. Dabei kann der Cursor mit den 4 Kontrolltasten über das Brett bewegt werden, aber nur auf Felder, auf die Weiß auch setzen darf. Durch Drücken der Enter-Taste setzt Weiß auf das Feld, auf dem der Cursor steht, und sämtliche eingeklammerten Reihen werden umgedreht. Danach setzt der Computer. Nach jedem Zug werden Anzahl der weißen und der schwarzen Steine angezeigt. Weiß kann zu jeder Zeit mit „B“ sich die Situation vor dem Antwortzug des Computers noch einmal ansehen und mit „T“ die Analysetiefe verändern. Bei Spielende zeigt das Programm an, wer wie hoch gewonnen hat und fragt, ob ein neues Spiel gewünscht wird. Reversi ist ein Spiel, das sich relativ leicht und kompakt programmieren läßt, da es mit sehr einfachen Datenstrukturen darzustellen ist. Zuggenerierung und -bewertung geschehen mit einem rekursiven Minimax-Algorithmus mit Alpha-Beta-Verkürzung. Das Minimax-Theorem von Shannon besagt, daß bei einem gegebenen Bewertungsschema das Maximum der für einen Spieler mindestens erreichbaren Werte und das Minimum der für seinen Gegner maximal erreichbaren Werte gleich sind. Der Algorithmus erzeugt also für einen möglichen Zug bis in die gegebene Analysetiefe alle möglichen Gegenzüge und deren Gegenzüge und erzeugt so einen Spielbaum. An jedem Knoten des Spielbaums wird über die Minima der möglichen Züge maximiert und somit die Bewertung für die nächsthöhere Ebene erzeugt. Der Alpha-Beta-Algorithmus beschleunigt die Zuggenerierung dadurch, daß die Analyse von Unterbäumen, die eine schlechtere Bewertung liefern, als bereits erzeugt wurde, so früh wie möglich abgebrochen wird. Es wird also nicht mehr der gesamte Spielbaum untersucht, sondern nur noch die relevanten Teile.

Wem dies alles furchtbar theoretisch und kompliziert vorkommt: im Grunde ist alles „common sense“, es ist nur schwer möglich, hier in wenigen Zeilen mehr als die Grundidee zu skizzieren. Wer sich mehr dafür interessiert, den verweise ich auf BYTE November 1979 sowie die angegebene Literatur.

Bibliographie:

Shannon, C.E. „Programming a Computer to Play Chess“, Philosophy Magazine, Serie 7
Vol.4.1 , März 1950, 256 ff

Levy, David,„Chess and Computers, Computer Science Press, Woodland Hills CA, 1976

Newborn,​Monroe,„Computer Chess“, Academic Press, New York, 1975

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